Verteidigt ein Pflichtverteidiger Menschen, die sich keinen Anwalt leisten können?

Verteidigt ein Pflichtverteidiger Menschen, die sich keinen Anwalt leisten können? Nein. Diese Fehlvorstellung kommt aus den US-Krimiserien, in denen es immer heißt:

Sie haben das Recht zu schweigen. Alles was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Sie haben das Recht, zu jeder Vernehmung einen Verteidiger hinzuzuziehen. Wenn Sie sich keinen Verteidiger leisten können, wird Ihnen einer gestellt. Haben Sie das verstanden?

Diese Belehrung geht auf den Fall Miranda gegen den Staat Arizona aus dem Jahr 1966 zurück, die „Miranda-Warnung“ stimmt aber nicht komplett mit der Rechtslage in Deutschland überein.

Recht zu schweigen

Richtig ist: Sie haben das Recht zu schweigen. Auch in Deutschland. Davon sollten Sie unbedingt Gebrauch machen, wenn Sie es mit der Polizei oder Staatsanwaltschaft zu tun bekommen. Sagen Sie nichts, sprechen Sie auch nicht über vermeintlich Nebensächliches. Die Vernehmungsbeamten haben jahrelange Erfahrung darin, wie Sie genau die Informationen aus Ihnen herausbekommen, die sie hören wollen. Auch wenn Sie zunächst nur „als Zeuge“ vernommen werden – lassen Sie sich nicht darauf ein, wenn Sie etwas zu befürchten haben. Verlangen Sie einen Rechtsanwalt!

Recht auf einen Anwalt

Es darf tatsächlich auch (fast) alles, was Sie sagen, vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Sie können sich auch als Zeuge schwer belasten – auch wenn Sie noch nicht belehrt wurden. Deshalb: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold!

Formal steht Ihnen als Zeuge jedoch kein Schweigerecht zu. Ziehen Sie deshalb unbedingt frühzeitig einen Strafverteidiger hinzu, der die Situation für Sie aufklärt.

Sie haben auch das Recht jederzeit einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Das sollten Sie auch tun, allerdings nicht irgendeinen Anwalt, sondern einen Strafverteidiger, der auf derartige Situationen spezialisiert ist. Sie machen sich auch nicht dadurch verdächtig, dass Sie einen Verteidiger dabei haben möchten. Denn das ist Ihr gutes Recht und darf nicht zu Ihrem Nachteil ausgelegt werden.

Wenn man sich keinen Anwalt leisten kann

Hier liegt der eigentliche Unterschied zu der Belehrung aus dem Fernsehen: Die Bestellung eines Rechtsanwalts als Pflichtverteidiger erfolgt unabhängig von den persönlichen Einkommens- sowie Vermögensverhältnissen, um seine wirksame Verteidigung sicherzustellen.

Das Problem: Ob die Verteidigung wirklich „wirksam“ ist, interessiert das Gericht häufig wenig. Ein Pflichtverteidiger kann wegen seiner „Schlechtverteidigung“ praktisch nicht ausgewechselt werden. Darüber hinaus scheitert auch die Revision, weil der Angeklagte ja verteidigt war – wenn diese auch noch so schlecht war, dass er faktisch unverteidigt war.

Deshalb der Rat: Sie haben ein Wahlrecht, sich einen bestimmten Verteidiger zum Pflichtverteidiger bestellen zu lassen. Das Gericht wird Sie meist dazu auffordern, nun einen Verteidiger zu benennen. Davon sollten Sie unbedingt Gebrauch machen! Auch wenn das Gericht Ihnen ohne Anhörung einen Pflichtverteidiger zuordnen sollte – bestehen Sie darauf, selbst einen Verteidiger zu bestimmen.

Pflichtverteidiger nur in bestimmten Fällen

Einen Pflichtverteidiger bestellt das Gericht nur in bestimmten – im Gesetz genannten – Gründen, nämlich ganz grob gesagt, wenn die zu erwartende Strafe nicht mehr im Bereich der Geldstrafe liegt. In den Fällen, in denen am Amtsgericht „nur“ eine Geldstrafe zu erwarten ist, können Sie sich selbst verteidigen (was ohne Rechtskenntnisse nicht so einfach sein dürfte) oder selbst irgendwie einen Verteidiger bezahlen (z.B. in Ratenzahlung).

Prozesskostenhilfe gibt es für die Verteidigung im Strafrecht übrigens ebenfalls nicht.

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